Nachhaltig bauen mit Beton: innovative Lösungen für die Baubranche der Zukunft

von der Redaktion

Die weltweiten Sandvorkommen werden knapp – ein alarmierendes Signal für die Bauindustrie. Ganze Inseln werden abgetragen, um den Rohstoff zu gewinnen. Auch in Deutschland spitzt sich die Situation zu. Beliebte Naherholungsgebiete müssen Kiesgruben weichen, wie das Beispiel eines bedrohten Waldstücks im Münchner Westen zeigt.

Die Erschließung neuer Sand- und Kiesvorkommen zerstört nicht nur wertvolle Naturräume. Der Transport dieser Rohstoffe über weite Strecken verursacht zusätzlich erhebliche CO₂-Emissionen. Eine nachhaltige Alternative bietet sich direkt vor Ort: die Wiederverwertung von Bauschutt.

Pro Jahr fallen allein in einem mittelständischen Containerdienst bis zu 40.000 Tonnen Bauschutt an. Ein wertvoller Sekundärrohstoff, der bislang hauptsächlich im Straßenbau Verwendung findet oder auf Deponien landet. Dabei könnte dieser Bauschutt die knappen Primärressourcen Sand und Kies im Hochbau ersetzen.

Recycling-Beton: Eine innovative Lösung

Aus Bauschutt lässt sich mittlerweile hochwertiger Beton für den Hausbau herstellen. Nach achtjähriger Entwicklungszeit ist diese Technologie nun praxistauglich – trotz anfänglicher Skepsis von Fachexperten.

Der Aufbereitungsprozess umfasst mehrere Schritte: Zunächst wird der Bauschutt sorgfältig vorsortiert. Dabei werden ungeeignete Materialien wie Kunststoff und Gips aussortiert. Der gereinigte Bauschutt wird anschließend zerkleinert und nach Größe gesiebt, bis ein sandähnliches Produkt entsteht. Dieses wird mit Zement und Wasser zu einem neuen Beton verarbeitet.

Das Ergebnis überzeugt: In Heek steht seit drei Monaten ein Mehrfamilienhaus, dessen Wände und Decken zu 75 Prozent aus aufbereitetem Bauschutt bestehen. Die Bauteile durchliefen erfolgreich alle erforderlichen Stabilitätsprüfungen. Die ersten Bewohner bestätigen: Die Wohnqualität entspricht der eines konventionellen Neubaus – von der Wandmontage bis zum Wohnkomfort.

Das Potenzial von modularen Betonsystemen

Ein innovatives Konzept im Bausektor sind großformatige Betonblöcke, die nach dem Prinzip von Klemmbausteinen funktionieren. Die Herstellung erfolgt in speziellen Gießformen für Betonstein, wobei pro Block etwa 1.000 Liter Beton verarbeitet werden. Die Kosten belaufen sich auf 135 EUR pro Element bei einer Größe von 1,60 x 0,80 Meter und einem Gewicht von 2,4 Tonnen.

Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: Die Blöcke dienen als Stützmauern, Schallschutzwände oder Lagerboxen für Schüttgut. Selbst beim Schutz denkmalgeschützter Fassaden und der Errichtung von Schwimmbecken kommen sie zum Einsatz. Ein besonderer Vorteil liegt in ihrer Mobilität – nach Projektabschluss lassen sich die Elemente problemlos demontieren und an anderer Stelle wiederverwenden.

Ein Praxisbeispiel findet sich auf der Baustelle der A72 bei Rötha: Hier stapeln Bauarbeiter die Betonblöcke zu imposanten Türmen von bis zu 6 Metern Höhe. Diese erzeugen einen Druck von 27 Tonnen pro Quadratmeter und verdichten so den Untergrund für den Autobahnbau. Insgesamt kommen dabei 13.500 Steine zum Einsatz.

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Pionierarbeit in der Stadtentwicklung

Auf dem Gelände der ehemaligen Bayern-Kaserne in München entsteht ein wegweisendes Modellprojekt für nachhaltiges Bauen. Auf 50 Hektar werden 5.500 neue Wohnungen, zwei Schulzentren und Grünanlagen errichtet. Das Besondere: Der anfallende Bauschutt wird direkt vor Ort aufbereitet und wiederverwendet.

Der Abriss der alten Militärgebäude liefert hunderttausende Tonnen verwertbares Material. Nach sorgfältiger Reinigung und Untersuchung auf Kampfmittelrückstände wird der Bauschutt sortiert und zerkleinert. Die entstandenen Mineralstoffberge bilden die Basis für das neue Stadtviertel.

Ein innovativer Ansatz zeigt sich auch in der Landschaftsgestaltung: Für die geplanten 1.000 Bäume entwickeln Ingenieurökologen ein spezielles Substrat aus zerkleinertem Ziegelschutt. Dieser speichert Wasser besonders gut und schützt die Bäume vor Trockenstress. Erste Versuchspflanzungen mit Winterlinden demonstrieren bereits die Wirksamkeit dieser Methode.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Die größte Hürde für den Einsatz von Recycling-Beton liegt in der Skepsis potenzieller Nutzer. Bauträger, künftige Nutzer und selbst städtische Behörden äußern Bedenken hinsichtlich der Qualität und möglicher Baumängel. So wird etwa das neue Schulzentrum in München noch ohne recycelte Materialien errichtet.

Die Hochschule München setzt einen wichtigen Impuls für die Akzeptanz nachhaltiger Baustoffe: In Praxisseminaren lernen angehende Architekten und Bauingenieure den Umgang mit Recycling-Beton. Diese Generation, geprägt von Fridays for Future, erkennt die Bedeutung ressourcenschonender Bauweisen.

Wissenschaftliche Untersuchungen untermauern die Qualität der neuen Baumaterialien. Doktoranden analysieren unter anderem die Eignung von aufbereitetem Bauschutt für städtische Grünanlagen. Ihre Forschungsergebnisse liefern die Grundlage für einen klimafreundlichen Städtebau und tragen dazu bei, bestehende Vorurteile gegenüber Sekundärbaustoffen zu widerlegen.

Mehr Informationen: betonblock.com