Der US-amerikanische Ökonom Peter Drucker prägte den viel zitierten Satz: „Was Sie nicht messen können, können Sie nicht lenken.“ Dieser Grundsatz unterstreicht die fundamentale Notwendigkeit von Kennzahlen (Key Performance Indicators, kurz KPIs) für die zielgerichtete Führung eines Unternehmens. Im Bereich der Logistik dienen diese Messgrößen dazu, die Effizienz und Leistungsfähigkeit des Lagers zu objektiv bewerten zu können. Ohne eine fundierte Datengrundlage ist eine Beurteilung oder gar eine gezielte Verbesserung von Prozessen schlicht unmöglich.
Die zentralen Aufgaben von Lager-KPIs umfassen die Kontrolle des Bestandes, die Optimierung der Kosten für die Lagerhaltung sowie die Garantie der Warenverfügbarkeit. Die übergeordneten Unternehmensziele, die mittels dieser Kennzahlen verfolgt werden, sind die Minimierung der Lageraufwendungen, die Steigerung der Umschlagshäufigkeit und die Verbesserung der Liefertreue. Letztlich zielt diese strategische Steuerung auf die Maximierung des Gewinns ab, indem der Geschäftsbetrieb so effizient wie möglich gestaltet wird. Eine professionelle Logistikberatung stützt ihre Empfehlungen maßgeblich auf die Analyse dieser Kennzahlen.
Grundlagen der Kennzahlen-Erfassung und -Berechnung
Eine effektive Steuerung des Lagers durch KPIs basiert auf einer lückenlosen und präzisen Datenerfassung. Die Grundvoraussetzung hierfür ist die digitale Erfassung (Scanning) aller Warenbewegungen, sowohl bei eingehenden als auch bei ausgehenden Gütern. In modernen Lagern geschieht dies mobil und intuitiv mithilfe von Scannern, die die Daten direkt über eine Schnittstelle (Interface) an ein zentrales Enterprise Resource Planning (ERP)-System weiterleiten. Das ERP-System ist eine integrierte Anwendungssoftware, die alle Geschäftsprozesse (wie Einkauf, Produktion, Vertrieb und Lager) steuert und verwaltet.
Das ERP-System sammelt diese Logistikdaten und übernimmt in der Folge die automatische Berechnung der relevanten Kennzahlen. Dies ersetzt die fehleranfällige und zeitaufwendige manuelle Berechnung und ermöglicht eine Echtzeit-Analyse der Lagerleistung. Die Digitalisierung des Warenflusses ist somit der Grundpfeiler für eine datengesteuerte Effizienzsteigerung.
Zentrale Lagerkennzahlen zur Bestandsanalyse
Die Analyse des Bestands ist essenziell, um Kapitalbindung und Lagerhaltungskosten zu kontrollieren.
| Kennzahl | Aussagekraft | Berechnungsgrundlage |
|---|---|---|
| Durchschnittlicher Lagerbestand (DLB) | Dient als Berechnungsbasis für weitere Kennzahlen. | Die erweiterte Formel (Anfangsbestand plus alle Endbestände definierter Perioden geteilt durch die Anzahl der Messpunkte) ist präziser, da sie saisonale oder kurzfristige Schwankungen berücksichtigt und somit ein realistischeres Bild der tatsächlichen durchschnittlichen Menge liefert als die einfache Formel. |
| Umschlagshäufigkeit (UH) | Gibt an, wie oft der DLB in einer Abrechnungsperiode (meist ein Jahr) komplett verkauft oder aus dem Lager entnommen wurde. | Verkaufte/ausgelagerte Menge geteilt durch den DLB. Eine hohe Umschlagshäufigkeit wird angestrebt, da sie eine geringere Lagerdauer und damit reduzierte Kosten pro Einheit indiziert. |
| Durchschnittliche Lagerdauer (DLD) | Zeigt, wie lange ein Artikel durchschnittlich im Lager verweilt. | Anzahl der Tage in der Periode (häufig 360) geteilt durch die Umschlagshäufigkeit. |
| Durchschnittliche Kapitalbindung | Der Gegenwert des Kapitals (Geld), das in Form von eingelagerten Artikeln gebunden ist und somit nicht verzinst werden kann. | DLB multipliziert mit dem Einstandspreis (Kosten pro Stück). Dieses gebundene Kapital sollte möglichst gering gehalten werden. |
| Lagerreichweite | Die voraussichtliche Zeit in Tagen, für die der aktuelle Vorrat bei konstantem Verbrauch ausreicht, bevor ein Bestandsengpass entsteht. | DLB geteilt durch den durchschnittlichen täglichen Verbrauch. |
Kostenorientierte und prozessbezogene Kennzahlen
Über die reinen Bestandszahlen hinaus beleuchten weitere KPIs die Prozesseffizienz und die entstandenen Aufwendungen im Lager.
| Kennzahl | Erklärung und Relevanz | Berechnungsgrundlage |
|---|---|---|
| Lagerzinssatz und Lagerzinsen | Der Lagerzinssatz ist der Prozentsatz der entgangenen Zinserträge auf das gebundene Kapital während der durchschnittlichen Lagerdauer. Die Lagerzinsen (Kapitalkosten) sind der daraus resultierende konkrete Geldbetrag. | Lagerzinssatz: (marktüblicher Zinssatz × DLD in Tagen) ÷ 360 Tage. Lagerzinsen: Lagerzinssatz × DLB × Einstandspreis. |
| Durchschnittliche Lagerplatzkosten | Die Kosten pro genutztem Lagerplatz, die in die Produktkalkulation einfließen müssen. | Gesamtkosten für Lagergebäude und -ausstattung geteilt durch die Anzahl der Lagerplätze. |
| Kosten pro Lagerbewegung | Die Aufwendungen, die jede physische Verschiebung von Gütern im Lager verursacht, inklusive Arbeits-, Verpackungs- und technische Kosten. | Gesamtkosten der Lagerbewegungen pro Periode geteilt durch die Anzahl der Bewegungen. Die Analyse dieses Werts hilft, Kosteneinsparungen in den Abläufen zu identifizieren. |
| Lieferbereitschaftsgrad | Ein Maß für die Zuverlässigkeit der Lieferkette. Er zeigt an, inwieweit das Unternehmen fähig ist, Bestellungen pünktlich und in der bestellten Menge zu erfüllen. | (Anzahl termingerechter und vollständiger Lieferungen ÷ Gesamtanzahl der Bestellungen) × 100. Besonders wichtig für Logistikdienstleister. |
| Auslagerungsquote | Der prozentuale Anteil des Anfangsbestandes, der in einer Periode entnommen wurde. | (Ausgelagerte Menge ÷ Anfangsbestand) × 100. Eine hohe Quote deutet auf eine optimale Bestandsausnutzung hin, während eine niedrige Quote einen möglicherweise zu hohen Lagerbestand signalisiert. |