Die GoBD-Verfahrensdokumentation stellt ein systematisches Regelwerk zur Dokumentation aller digitalen und analogen Geschäftsprozesse in Ihrem Unternehmen dar. GoBD steht dabei für „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“.
Im Kern handelt es sich um ein detailliertes Organisationshandbuch, das präzise festhält, wie Sie betriebliche Abläufe strukturieren und Informationen verarbeiten. Der Fokus liegt besonders auf der nachvollziehbaren Dokumentation steuerrelevanter Vorgänge – von der ersten Erfassung bis zur langfristigen Archivierung der Daten.
Die rechtliche Besonderheit: Die GoBD-Verfahrensdokumentation basiert nicht auf einem spezifischen Gesetz, sondern auf einer Verwaltungsanweisung der Finanzbehörden. Diese gilt für alle vor- und nachgelagerten EDV-Systeme in Ihrem Unternehmen. Konkret bedeutet das: Jedes System, das kaufmännische oder steuerlich relevante Daten verarbeitet, muss in die Dokumentation einbezogen werden – von der Registrierkasse über die Zeiterfassung bis zur Rechnungsschreibung.
Die Dokumentation schafft dabei Transparenz in zwei Dimensionen: Sie zeigt einerseits auf, welche Mitarbeiter mit welchen Systemen arbeiten. Andererseits macht sie deutlich, wie die einzelnen Prozessschritte technisch und organisatorisch miteinander verzahnt sind.
Rechtliche Notwendigkeit
Die Anforderungen der GoBD-Verfahrensdokumentation treffen alle Unternehmen, die buchführungspflichtig sind oder freiwillig Bücher führen. Obwohl es sich formal nur um eine Verwaltungsanweisung und nicht um ein Gesetz handelt, sollten Sie die Dokumentationspflicht ernst nehmen.
Bei einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt kann eine fehlende oder mangelhafte Verfahrensdokumentation erhebliche Folgen haben. Zwar führt das Fehlen der Dokumentation nicht automatisch zur Verwerfung der Buchführung, jedoch erschwert es die Prüfungssituation erheblich. Können Sie bestimmte Abläufe und Buchungen nicht ausreichend nachweisen, darf der Betriebsprüfer Zuschätzungen bei Umsatz und Gewinn vornehmen.
Die Verfahrensdokumentation dient dabei als präventive Schutzmaßnahme. Sie demonstriert gegenüber der Finanzverwaltung, dass Ihre betrieblichen Prozesse den steuerrechtlichen Anforderungen entsprechen. Besonders wichtig: Der Prüfer muss nachvollziehen können, wie Ihre digitalen Systeme Geschäftsvorfälle erfassen und verarbeiten.
Ein vollständig dokumentiertes Verfahren stärkt zudem Ihre Position in der Betriebsprüfung. Statt in eine defensive Rolle gedrängt zu werden, können Sie aktiv nachweisen, dass Ihre Buchführung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht. Steuerberater raten daher dringend dazu, diese Dokumentation vorausschauend zu erstellen und nicht erst bei Ankündigung einer Prüfung damit zu beginnen.
Aufbau und Bestandteile
Die GoBD-Verfahrensdokumentation gliedert sich in zwei zentrale Komponenten: die Anwenderdokumentation und die Softwaredokumentation. Diese Struktur ermöglicht eine vollständige Abbildung Ihrer digitalen Geschäftsprozesse.
Die Anwenderdokumentation beschreibt die praktische Nutzung Ihrer Systeme. Hier legen Sie fest, welche Mitarbeiter bestimmte Programme nutzen und wie spezifische Arbeitsabläufe ausgeführt werden. Am Beispiel der Rechnungsverarbeitung bedeutet das: Wer erstellt Rechnungen? Welche Kontrollschritte sind vorgesehen? Wie erfolgt die Freigabe?
Der technische Teil erfolgt durch die Softwaredokumentation. Diese erhalten Sie in der Regel direkt vom Softwareanbieter beim Erwerb des Programms. Achten Sie beim Kauf neuer Software darauf, dass diese den GoBD-Anforderungen entspricht und die notwendige Dokumentation mitliefert.
Ein weiteres Kernelement bildet die Prozesslandkarte. Diese visualisiert die Abläufe häufig in der standardisierten BPMN-Notation (Business Process Model and Notation). Diese grafische Darstellungsform nutzen auch Digitalisierungsdienstleister, um Arbeitsabläufe zu analysieren und zu optimieren.
Besondere Bedeutung kommt der Dokumentation von Kontrollen und Risiken zu. Definieren Sie systematisch, an welchen Stellen Ihrer Prozesse steuerliche Risiken auftreten können und welche Kontrollmechanismen Sie dagegen etabliert haben. Bei der Rechnungsprüfung betrifft das unter anderem die Kontrolle nach § 14 UStG (Umsatzsteuergesetz) oder die inhaltliche Prüfung durch die Fachabteilung.
Betriebswirtschaftlicher Nutzen
Die GoBD-Verfahrensdokumentation bietet über die steuerrechtliche Komponente hinaus erhebliche Vorteile für Ihre Unternehmensorganisation. Durch die systematische Erfassung aller Prozesse gewinnen Sie einen detaillierten Überblick über Ihre betrieblichen Abläufe.
Ein zentraler Mehrwert liegt in der Aufdeckung von Effizienzpotenzialen. Bei der Dokumentation Ihrer Prozesse werden häufig redundante Arbeitsschritte sichtbar. Diese Doppelarbeiten können Sie durch gezielte Prozessanpassungen eliminieren und so die Arbeitseffizienz steigern.
Besonders wertvoll ist die Analyse der Systemschnittstellen in Ihrem Unternehmen. Die Dokumentation macht sogenannte Medienbrüche sichtbar – Stellen, an denen Daten manuell von einem System in ein anderes übertragen werden müssen. Diese manuellen Übertragungen sind nicht nur zeitaufwendig, sondern auch fehleranfällig. Mit diesem Wissen können Sie gezielt nach einer Steuerberater-Software suchen, die durch automatisierte Schnittstellen diese Medienbrüche überbrücken.
Die Verfahrensdokumentation unterstützt zudem das Qualitäts- und Risikomanagement Ihres Unternehmens. Durch klar definierte Verantwortlichkeiten und Kontrollmechanismen minimieren Sie Fehlerquellen und schaffen verlässliche Strukturen. Diese transparenten Prozesse können auch bei Zertifizierungen einen wertvollen Beitrag leisten.
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Praktische Umsetzung
Der Startpunkt für Ihre GoBD-Verfahrensdokumentation liegt in der sorgfältigen Analyse des aktuellen Ist-Zustands. Erfassen Sie systematisch, wie Ihre bestehenden Prozesse tatsächlich ablaufen – unabhängig davon, ob diese analog oder digital organisiert sind.
Die gewonnenen Erkenntnisse überführen Sie in eine strukturierte Prozessmodellierung. Eine bewährte Methode dafür ist die BPMN (Business Process Model and Notation) – eine standardisierte Visualisierungssprache für Geschäftsprozesse. Diese grafische Darstellung zeigt den Weg eines Dokuments durch Ihr Unternehmen, markiert Entscheidungspunkte und definiert Verantwortlichkeiten.
Identifizieren Sie kritische Kontrollpunkte in Ihren Abläufen. Bei der Rechnungsverarbeitung betrifft das insbesondere die inhaltliche Prüfung oder die Kontrolle der umsatzsteuerlichen Anforderungen. Implementieren Sie an diesen Stellen entsprechende Prüfmechanismen.
Die Verfahrensdokumentation ist kein statisches Dokument, sondern erfordert eine kontinuierliche Pflege und Aktualisierung. Systemwechsel, neue Softwareversionen oder veränderte Prozesse müssen zeitnah eingearbeitet werden. Etablieren Sie dafür einen regelmäßigen Überprüfungszyklus, der die Aktualität Ihrer Dokumentation sicherstellt.
Eine professionelle Unterstützung durch Steuerberater kann den Dokumentationsprozess erheblich vereinfachen. Nutzen Sie deren Erfahrung mit bewährten Systematiken für den Aufbau der Verfahrensdokumentation. Während Sie die fachspezifischen Details Ihrer Prozesse beisteuern, übernehmen die Experten die rechtskonforme Strukturierung und Ausarbeitung.
Personalmanagement
Die GoBD-Verfahrensdokumentation erweist sich als wertvolles Instrument für Ihr Personalmanagement. Besonders bei der Integration neuer Mitarbeiter bietet sie eine strukturierte Orientierung für die Einarbeitung. Das dokumentierte Prozesswissen ermöglicht einen schnellen Überblick über Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten.
Die klare Definition von Verantwortlichkeiten schafft Sicherheit für alle Beteiligten. Jeder Mitarbeiter kennt seine Rolle im Gesamtprozess und weiß, welche Aufgaben und Kontrollfunktionen in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Diese Transparenz minimiert Missverständnisse und stärkt die Eigenverantwortung.
Als Nachschlagewerk für etablierte Standards unterstützt die Dokumentation die tägliche Arbeit. Statt sich bei Fragen durch verschiedene Abteilungen telefonieren zu müssen, finden Ihre Mitarbeiter zentral dokumentierte Antworten zu Prozessabläufen und Vorgehensweisen.
Bei personellen Veränderungen zeigt sich ein weiterer Vorteil: Im Fall eines Mitarbeiterwechsels können Sie schnell reagieren. Die Dokumentation ermöglicht eine Analyse der vakanten Position und ihrer Einbindung in die Unternehmensprozesse. So erkennen Sie frühzeitig, ob die Aufgaben intern umverteilt werden können oder eine Neubesetzung erforderlich ist.